OLG Zweibrücken: Enterbung durch testamentarische Erbeinsetzung?

Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 27.05.2024 – 8 W 41/23 (Vorinstanz AG Kusel – Beschluss vom 13.04.2023 – 1 VI 172/22)

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken befasst sich mit der Frage, ob die testamentarische Erbeinsetzung einer dritten Person (hier der Lebensgefährtin des Erblassers) als Ersatzerbin zugleich die Enterbung eines direkten Abkömmlings (hier des Sohnes des Erblassers) darstellt und ob die Enkelin der Lebensgefährtin im Falle ihres Vorversterbens als Ersatzerbin gelten kann. Die wichtigsten Argumente aus der Entscheidung lassen sich wie folgt zusammenfassen:

1. Enterbung des Sohnes durch testamentarische Anordnungen

  • Der Erblasser hatte in einem Testament seine Tochter als Alleinerbin eingesetzt und ausdrücklich festgehalten, dass sein Sohn bereits den Pflichtteil nach dem Tod der Mutter erhalten habe. Dieser Hinweis auf den Pflichtteil bezieht sich auf eine in einem früheren Erbvertrag mit der Ehefrau (Mutter der Kinder) getroffene Pflichtteilsstrafklausel.
  • Diese Klausel besagte, dass ein Kind, das den Pflichtteil nach dem Tod des Erstversterbenden fordert, auch beim Tod des Längstlebenden nur den Pflichtteil erhält.
  • Der Erblasser hat demnach bewusst und eindeutig den Sohn enterbt, indem er diese Klausel in seinem Testament bestätigt hat. Der Sohn sollte also nur den Pflichtteil erhalten, nicht mehr.

2. Einsetzung der Lebensgefährtin als Ersatzerbin

  • Der Erblasser hatte in seinem Testament festgelegt, dass seine Lebensgefährtin Ersatzerbin werden sollte, falls die Tochter das Erbe ausschlagen würde.
  • Da die Lebensgefährtin jedoch vor dem Erblasser verstorben ist, stellte sich die Frage, ob deren Abkömmlinge (insbesondere die Enkelin) ebenfalls als Ersatzerben gelten könnten.

3. Keine automatische Einsetzung der Abkömmlinge der Lebensgefährtin

  • Das Gericht stellte klar, dass § 2069 BGB, der sich mit der Ersatzerbeneinsetzung bei Abkömmlingen befasst, nicht auf andere Personen wie die Lebensgefährtin oder deren Familie anwendbar ist.
  • Es sei nicht davon auszugehen, dass der Erblasser, der das Institut des Ersatzerben kannte (er hatte die Lebensgefährtin als solche eingesetzt), deren Abkömmlinge ebenfalls als Ersatzerben einsetzen wollte. Dies hätte er explizit regeln müssen.
  • Die Vollmachten, die der Erblasser seiner Lebensgefährtin erteilt hatte, beziehen sich ebenfalls nur auf die Lebensgefährtin selbst und nicht auf deren Abkömmlinge.

4. Gesetzliche Erbfolge nach Ausschlagung

  • Da die Tochter des Erblassers die Erbschaft ausgeschlagen hat und die Lebensgefährtin vorverstorben ist, tritt nach Ansicht des Gerichts die gesetzliche Erbfolge in Kraft.
  • Aufgrund der Enterbung des Sohnes greift auch hier die Pflichtteilsregelung, sodass dieser nur den Pflichtteil erhält und keine umfassende Erbenstellung.

5. Erbscheinsantrag der Enkelin der Lebensgefährtin

  • Die Enkelin der Lebensgefährtin hatte einen Erbscheinsantrag gestellt, der sie als Alleinerbin des Erblassers ausweisen sollte. Sie begründete dies mit der Nähebeziehung zum Erblasser und der Tatsache, dass sie seine Betreuerin war.
  • Das Gericht lehnte diesen Antrag ab, da keine ausreichenden Hinweise darauf bestanden, dass der Erblasser die Abkömmlinge seiner Lebensgefährtin als Erben einsetzen wollte.

Ergebnis:

Die testamentarische Einsetzung der Lebensgefährtin als Ersatzerbin führt nicht dazu, dass deren Abkömmlinge automatisch zu Ersatzerben werden. Für eine solche Einsetzung fehlen im Testament klare Anhaltspunkte. Die gesetzliche Erbfolge greift, wobei der Sohn aufgrund seiner Enterbung nur den Pflichtteil erhält.