BGH: Ausgleich von Grundrenten-Entgeltpunkten im Versorgungsausgleich

Quelle: Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 12.06.2024 – XII ZB 496/22

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) betrifft den Ausgleich von Grundrenten-Entgeltpunkten im Rahmen des Versorgungsausgleichs. Es wird klargestellt, unter welchen Voraussetzungen diese speziellen Entgeltpunkte (EP) in den Versorgungsausgleich einbezogen werden können und wann von einem Ausgleich abzusehen ist.


Wesentliche Punkte der Entscheidung:

  1. Grundrenten-Entgeltpunkte und Ausgleichsreife (§ 19 VersAusglG):
    • Die Grundrenten-Entgeltpunkte, die langjährig Versicherten zugutekommen (§ 76g SGB VI), stellen ein ausgleichsreifes Anrecht dar. Das bedeutet, dass sie in der Regel in den Versorgungsausgleich einzubeziehen sind.
    • Diese Entgeltpunkte sind nicht verfallbar und dienen der Sicherung im Alter oder bei Invalidität. Sie werden unabhängig von der Höhe der Beitragszahlungen gewährt und sind somit ein eigenständiger Anspruch.
  2. Prüfung der Geringfügigkeit (§ 18 Abs. 2 VersAusglG):
    • In Ausnahmefällen kann jedoch geprüft werden, ob der Ausgleich wegen Geringfügigkeit der zu übertragenden Beträge entfallen sollte.
    • Entscheidend ist hier eine Abwägung zwischen:
      • Wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen der Eheleute: Besteht ein dringendes Bedürfnis auf Seiten eines Ehepartners, können selbst kleine Beträge von Bedeutung sein.
      • Verwaltungsaufwand für den Rentenversicherungsträger: Die Rentenversicherungsträger sind verpflichtet, auch kleinere Beträge zu verwalten, was zusätzlichen Aufwand verursacht. Dies kann gegen die Teilung sprechen.
  3. Verwaltungsaufwand (§ 97a SGB VI):
    • In der Rentenbezugsphase wird geprüft, ob Einkünfte auf die Grundrenten-Entgeltpunkte angerechnet werden müssen. Diese Prüfung ist aufwendig und könnte die Verwaltung belasten.
    • Dieser Aspekt ist ebenfalls in die Entscheidung einzubeziehen.
  4. Rolle der Versorgungsträger und der Eheleute:
    • Wenn die betroffenen Eheleute oder der Versorgungsträger ein geringes Interesse am Ausgleich der Grundrenten-Entgeltpunkte signalisieren, kann dies als Argument gegen den Ausgleich gewertet werden.
    • Umgekehrt kann der Versorgungsträger den Ausgleich explizit befürworten, was für eine Durchführung spricht.

Entscheidung des BGH:

  1. Aufhebung der Entscheidung der Vorinstanzen:
    • Das Amtsgericht und das Oberlandesgericht hatten entschieden, die Grundrenten-Entgeltpunkte nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen. Diese Sichtweise wurde vom BGH verworfen.
    • Der BGH stellte klar, dass Grundrenten-Entgeltpunkte grundsätzlich ausgleichsreif sind und damit in den Versorgungsausgleich einbezogen werden können.
  2. Zurückverweisung an die Vorinstanz:
    • Die Vorinstanz muss prüfen, ob im konkreten Fall eine Geringfügigkeit vorliegt, die den Ausgleich ausschließen könnte.
    • Dabei sollen die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten und der mögliche Verwaltungsaufwand berücksichtigt werden.
  3. Hinweise für das weitere Verfahren:
    • Es soll geprüft werden, ob der zuständige Versorgungsträger (hier die DRV Hessen) durch den zusätzlichen Verwaltungsaufwand belastet wird und ob dies ein Absehen vom Ausgleich rechtfertigen könnte.
    • Die persönlichen Verhältnisse der Eheleute und deren wirtschaftliche Situation müssen ebenfalls in die Entscheidung einfließen.

Bedeutung der Entscheidung:

  • Präzedenzwirkung: Der BGH stellt klar, dass Grundrenten-Entgeltpunkte grundsätzlich im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen sind. Dies schafft Klarheit für zukünftige Fälle.
  • Flexibilität bei Geringfügigkeit: Gleichzeitig betont der BGH, dass die Entscheidung im Einzelfall unter Berücksichtigung von Geringfügigkeit und Verwaltungsaufwand flexibel getroffen werden kann.
  • Beteiligung der Versorgungsträger: Die Entscheidung betont die wichtige Rolle der Versorgungsträger bei der Bewertung des Verwaltungsaufwands und deren Mitwirkung im Verfahren.

Insgesamt unterstreicht die Entscheidung die Abwägung zwischen der gerechten Verteilung von Rentenansprüchen und der Praktikabilität des Versorgungsausgleichs.